Ständiges Scheitern

Shoko

Muho


Antaiji bedeutet für mich: ständiges Scheitern.

An meinen Erwartungen und Vorstellungen über mich und über andere --
und sicher auch an den Erwartungen die meine Umgebung mir gegenüber
pflegt. Hier kann ich das sofort spüren, ganz anders als im
Ablenkungs- und Verdrängungssog Berlins. Manches hat sich seither auch
in mir und für andere sichtbar geändert, manches wohl zum Leidwesen
meiner Wegbegleiter eher nicht, aber man ist mit mir geduldig oder hat
aufgegeben. Hab ich so auch nicht erwartet. Und dann bin ich wieder
völlig verwundert, über den gelegentlich expliziten Zuspruch, den ich
zu Haus ständig erwarte.

In Antaiji ist es schlicht unmöglich sich zu verpissen oder irgendeine
Rolle zu spielen, nichts bleibt verborgen, wir sind dort alle offene
Bücher. Wenn man hier mit jemanden täglich nebeneinander sitzend seine
4 Stunden Zazen teilt, verbringt man so wahrscheinlich mehr intime
Zeit miteinander, als üblicherweise mit Freundin oder Ehefrau. Während
man im heimatlichen Dojo nach 2 bis 3 Stunden, ob nun täglich oder
wöchentlich, spielt keine Rolle, oft nur "Tschüß" sagt und sich wieder
in seine eigene Welt kuscheln kann, gehts hier erst richtig los, das
formale Essen, Saubermachen, die Arbeit, wieder Zazen. Keine Kneipe,
kein Cafè weit und breit, keine Ausflucht, ständiges Reiben
aneinander.

Kann ich alles so nicht zu Hause haben.

Shōkō

Englische Beiträge gibt es hier (bitte klicken).