Kommentar: Dieser Augenblick ist die Ewigkeit, denn wir haben nichts anderes. Was wir daraus machen, liegt allein an uns. Meine Musikempfehlung zum Thema: Böhse Onkelz – Dunkler Ort

Antwort: Die Frage ist nur: Wer ist „wir“? Machen „wir“ etwas aus diesem Augenblick, oder muss „ich“ derjenige sein, denn es gibt keinen anderen, der mir diese Aufgabe abnehmen kann? Denn ich kann ja genauso gut sagen: Dieses Bewusstsein, das ich „ich“ nenne, ist eins mit dem Kosmos – ich habe nichts anderes (es gibt kein anderes!). Es liegt allein an mir, ob ich die Welt erschaffe („Es werde Licht!“) oder zerstoere. Der stoerende Gedanke dabei ist nur: Aber es gibt DOCH auch andere, die ich zwar nicht so „habe“ wie ich dieses Bewusstsein habe, von denen ich mir aber trotzdem nicht vorstellen kann, dass sie nicht, auf ihre Weise, in ihrer Welt, „sind“. Deshalb scheint „uns“ der gesunde Menschenverstand zu sagen, dass wir doch nicht das Licht am Anfang der Welt sind, sondern lediglich Nachkommen der beiden nackten Affen, die am spaeten Nachmittag des sechsten Tages das Licht der Welt (nur) erblickten.
So wie ich mir am 14. Juli nicht ernsthaft vorstellen kann, dass es den 13. Juli nie gegeben hat und den 15. Juli nie geben wird. Und zwar nicht einfach als „Teil dieses Augenblicks“, sondern als jeweils eigenstaendige „ewige Augenblicke“, in denen dieser ewige Augenblick (14. Juli 2019) nur ein kleiner Tropfen ist. „Ich“ und „jetzt“ waeren also Tropfen, in denen sich das ganze Universum spiegelt (insofern ewig und unbegernzt), aber ich kann und will die unabhaengige Existenz anderer Tropfen AUSSERHALB dieses Trofens nicht leugnen, in denen dieser Tropfen sich spiegelt.

(Simone Weil: „An die Existenz anderer menschlicher Wesen als solche zu glauben, ist Liebe.“ „Mit reiner Liebe lieben heißt in den Abstand einwilligen, heißt den Abstand verehren zwischen einem selbst und dem, was man liebt.“ marschler.at/worte-simone-weil.htm)

Die Frage ist also nicht: „Gibt es die Zeit“ oder „Gibt es die anderen“, sondern wie gehe ich mit der Zeit und den anderen um.
Entweder
„Jeden Tag treten Menschen in mein Leben
Und wieder raus. Ich habe aufgehört zu zählen.
Wir begrüßen uns mit Floskeln, übersähen uns mit Spott,
Belegen uns mit Dogmen. Doch richten kann nur Gott.
Dies ist ein dunkler Ort, weil Du ihn dazu machst
Dies ist ein dunkler Ort und Du hast ihn erdacht“
Oder
„Worte der Liebe bedeuten, den leidenden Wesen mit einem zuneigungsvollen Herzen zu begegnen und gütige Worte an sie zu richten. Es sind keine bösen und rüden Worte. Überall in der Welt geziemt es sich, nach dem Befinden zu fragen, und auch auf dem Buddhaweg sagen wir „Leb‘ wohl“ oder „Wie geht es Ihnen?“. Wenn wir mit Worten sprechen, die die leidenden Wesen mit einem gütigen Herzen bedenken, so als wären sie unsere neugeborenen Kinder, dann sprechen wir Worte der Liebe.“
Entweder
„Wir warten auf den Tod, verschwenden unsere Zeit
Tun was man von uns erwartet, zahlen den Preis für unsere Feigheit.
Die Tage ziehen vorbei, wir scheißen und fressen
Unsere Zimmer sind Särge, Geld hilft uns zu vergessen
Dies ist ein dunkler Ort, weil Du ihn dazu machst
Dies ist ein dunkler Ort und Du hast ihn erdacht.“
Oder
„Im täglichen Leben, in Arbeit und Geschäft gibt es nichts, was nicht Akt des Gebens wäre. Die Blüten dem Wind zu überlassen, und die Vögel der Zeit zu überlassen, gehört ebenfalls zu den Tugenden des Gebens. … Es gibt Zeiten, in denen das Herz die Dinge umwandelt, und es gibt Akte des Gebens, in denen Dinge das Herz umwandeln.“
(antaiji.org/archives/deu/bss.shtml)