Was bedeutet „links“ und „rechts“?

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Ich: Du, Penetre! Wenn die Erwachsenen über Politik reden, sagen sie „links“ oder „rechts“ – was ist damit gemeint?
Penetre: Damit ist die politische Grundeinstellung gemeint. Die Linken berufen sich nicht auf die Nation oder Tradition, sondern vertrauen auf die Kreativität und Spontanität der Bevölkerung selbst. Für die Rechten sind die Werte wichtig, die das Volk über die Jahrhunderte hinweg kultiviert hat. Sie glauben, dass die Nation die Funktion einer geistigen Stütze für die Gesellschaft hat.
Ich: Und wer von den beiden hat recht?
Penetre: Eigentlich gibt es da keinen großen Unterschied.
Ich: Wirklich? Wie kommt es dann, dass die immer miteinander streiten?
Penetre: Streiten kann man nur dann, wenn man etwas gemeinsam hat. Weiß und Schwarz sind nur deshalb Gegensätze, weil sie beide zu den Farben gehören. Süß und Sauer sind beides Geschmacksrichtungen, deshalb können sie sich unterscheiden. Aber für einen Streit zwischen Weiß und Süß fehlt die gemeinsame Grundlage. So ist es auch bei den Menschen. Man kann sich nur dann darüber streiten, ob Furtwängler oder Karajan der bessere Dirigent von Beethovens 9. Sinfonie ist, wenn man sich einig ist, dass die 9. Sinfonie wichtig ist. Worüber sollten sich dagegen ein Karajan-Fan und ein Fan der New York Giants streiten? Man muss sich über etwas einig sein, um sich zu streiten.
Ich: Und so ist es auch bei den Linken und den Rechten?
Penetre: Genau. Politische Gegensätze kann es nur zwischen Menschen geben, für die Politik wichtig ist.
Ich: Aber anders als Musik oder Baseball ist die Politik doch etwas, was die ganze Welt betrifft?
Penetre: Du hast recht damit, dass das Aufgabenfeld der Politik weiter ist als das der Musik oder des Baseballs. Aber so wenig man die Probleme der Welt von einem „furtwänglerischen“ oder „karajanischen“ Standpunkt aus betrachten kann, so wenig kann man alle Probleme von einem „linken“ oder „rechten“ Standpunkt aus lösen.